2025
Konzert auf allerhöchstem Niveau mit drei Uraufführungen
Bautzen (SN/bn). „Danke, dass wir zum zweiten Mal drei wunderschöne, überaus intensive und vielleicht auch zum Nachdenken anregende Tage im großartigen Sorbischen Museum im schönen Bautzen erleben durften. Ich freue mich schon auf nächstes Jahr.“ Mit diesen Worten beendete gestern die Geigerin Franziska Pietsch das von ihr organisierte Festival „Winterklassik“, mit dem sie sich seit dem vergangenen Freitag auf eine „musikalische Reise entlang der Via regia“ begeben hatte hatte. Die alte Königsstraße war ihren Worten nach nicht „nur Handelsstrecke, sondern ein Netz des lebendigen Austausches der Kulturen“, woran das Festival anknüpfen soll. Ihr zur Seite traten in wechselnden Besetzungen Maki Hayashida und Zhora Sargsyan am Flügel, Bratschist Atilla Aldemir, Cellistin Hila Karni und Bariton Alexander Aigner auf. Das Programm umfasste Kompositionen zum Beispiel von Fryderyk Chopin, Walentin Silvestrow, Ludwig van Beethoven und Gabriel Fauré. Als Uraufführung präsentierten sie die sorbischen Volksmelodien zitierenden „Lieder für den Bariton und das Klavier“ von Lukas Čórlich und „als kleine Überraschung“ das Kunstlied „Wer glaubt das, wie tut es weh“ von Jan Cyž.
Die musikalischen Beiträge ergänzte die Schauspielerin Hanka Rjelcyna Gedichte unter anderem vom Charles Baudelaire, Ulla Hahn, Kito Lorenc und Benedikt Dyrlich rezitierend. Außerdem stellte sie gemeinsam mit Franziska Pietsch einige im Programm erscheinende Komponisten vor. Dialogisch und zweisprachig hoben sie in diesem Zusammenhang Parallelen bezüglich der schöpferischen Prozesse von Bjarnat Krawc und Robert Schumann hervor. Insgesamt rund 150 Besucher belohnten die Leistung der auf höchstem Niveau agierenden Musiker und Sprecher mit donnerndem Applaus und so manchem „Bravo“.

SRJEDU, 29. JANUARA 2025 KULTURA SERBSKE NOWINY 3
Wiederholt ein spannendes, anregendes und mitreißendes Programm.
Das zweite Festival „Klassik im Winter“ mit internationalen Komponisten und Dichtern
sowie mit zwei sorbischen Premieren.
Zum zweiten Mal hat die Geigerin Franziska Pietsch das Festival „Winterklassik“ im Saal des Bautzener Sorbischen Museums gestaltet, und wiederholt ist es ihr gelungen, das Publikum zu fesseln, zu bewegen und zu begeistern. Diesmal hatte sie das dreitägige Programm als Kunstwanderung entlang der Via Regia konzipiert und entsprechend französische, deutsche, sorbische, polnische und ukrainische Komponisten sowie Dichter einbezogen.
Den ersten Teil unter dem Motto „Stimmen der Vergangenheit“ eröffneten am vergangenen Freitag der Bariton Alexander Aigner und die Pianistin Maki Hayashida noch etwas zurückhaltend mit drei Liedern, welche Felix Mendelssohn Bartholdy auf Lyrik unter anderem Johann von Eichendorffs und Heinrich Heines geschrieben hatte. Doch schon die folgende „Violinensonate g-Moll“ von Claude Debussy erwies sich als früher Höhepunkt. Franziska Pietsch und Zhora Sargsyan, der kurzfristig Josua de Solaun am Flügel vertrat, verliehen dem wohl expressionistischsten Werk des Meisters des Impressionismus Intensität und Druck beinahe orchestraler Art. Dabei erlaubten sie sich teilweise eine Rustikalität, an die sich die Mehrheit der Virtuosen kaum wagt. Ähnlich stellte Sargsyan die „Ballade Nr. 4 f-Moll op vor. 52“ von Fryderyk Chopin vor. Den Duktus der Romantik ignorierend bewies mit seiner brillanten Interpretation, dass sich in den Noten und zwischen ihnen neben Zärtlichkeit und Melancholie auch jede Menge Brutalität verbirgt. Einen Kontrast bildeten die Musiker – der Geigerin und der Pianistin zur Seite standen hier die Cellistin Hila Karni und der Bratschist Atilla Aldemir – mit dem empfindsamen Vortrag des „Klavierquartett op. 41 Nr. 2 B-Dur“ aus der Feder von Camille Saint-Saëns. Mit diesem Werk demonstrierten Streicher dezent ihr herausragendes Können; der Strich der Musikanten war nur zu hören, wenn sie es wirklich wollten.
Am zweiten Tag mit der Überschrift „Wege der Begegnung“ eröffneten Hayashida und Aigner die historische Aufführungspraxis beachtend mit drei Liedern, welche Ludwig van Beethoven unter anderem an Verse Johann Wolfgang von Goethes und Friedrich von Matthissons geschrieben hatte. Vor allem das Lied „Adelaide“ wussten sie äußerst emotional zu präsentieren. Die folgenden Beiträge aus den „Drei Capricci auf Paganini“, komponiert von Karol Szymanowski, meisterten Sargsyan und Aldemir so meisterhaft, dass der Applaus erst lange nach dem Abklingen ausbrach. Die gleiche Reaktion weckte der Pianist gemeinsam mit Karni, obwohl das „Postludium op. 25“ von Walentina Silvester anders als das vorherige Werk eher ruhig plätschert denn wellenförmig stürmt. Das beide Extreme vereinendende „Poème op. 25“ von Ernest Chaussons löste unmittelbaren Applaus und so manches„ Bravo!“ aus, was sich die augenscheinlich verausgabten Pietsch und Hayashida mit maximaler Agogik und Verve verdient hatten. Mit dem abschließenden „Klavierquartett op. 47 Es-Dur“ gelang den Musikern ein fulminantes, das bisherige Niveau haltendes Finale.
Den dritten Teil unter dem Motto „Zukunftsvisionen“ eröffnete das „Streichentrio C-Dur“ von Jean Françaix. Die Interpreten ließen ihre Instrumente mal wie ein Horn, mal wie eine menschliche Stimme klingen und bewiesen, dass sich drückende Intensität auch ganz filigran erzeugen lässt. Die folgenden Kunstlieder „Sternnacht“ und „Mein Leben“ hatte Lukaš Čórlich für das Festival geschrieben, und zwar auf Worte von Handrij Zejler bzw. Jakub Bart-Ćišinski. Die zwei Klavierpartituren der anspruchsvollen Kompositionen widerspiegeln den Einfluss der Spätromantik, des Impressionismus und des Minimalismus auf den Stil des Schöpfers. Die Stimme ist ob des tonalen Bereichs ebenso herausfordernd wie der Intervallsprüngen wegen. Hayashida und Aigner ließen sich nicht von einer plötzlichen Unruhe im Publikum stören und sorgten für eine würdige Uraufführung. In derselben Besetzung erklag erstmals das Lied „Wer glaubt es, wie es weh tut“ von Jan Cyž. Kompositorischer Pate war ihm vielleicht Korla Awgust Kocor, an welches dieses humorvolle Werk gemahnt. Das berühmte sinfonische Gedicht „Danse macabre op. 40“ von Saint-Saëns erntete in der ungewöhnlichen Version für Geige und Cello ebenso euphorische Ovationen wie der furios interpretierte Walzer Gabriel Faurés „La Valse“ für Klavier zu vier Händen. Mit dem ekstatisch gespieltem „Klavierquartett op. 15 c-Moll Nr. 1“ beendeten die Musiker das Konzert und somit das Festival in Bautzen.
Zwischen den musikalischen Beiträgen rezitierte die Schauspielerin Hanka Rjelcyna mit wahrnehmbar geschulter Stimme Gedichte zum Beispiel von Iryna Šawalowa, Hermann Hesse, Benedikt Dyrlich und Kito Lorenc. Außerdem stellte sie mit Franziska Pietsch ausgewählte, im Programm erscheindende Komponisten und deren Werk vor. Dafür lasen sich abwechselnd unter anderem Ausschnitte aus der Sammlung „Leben ist Arbeit – Ruhen ist Sterben“ und aus Briefen von Robert Schumann vor.
Jan Cyž (Mitte) dankte der Pianistin Maki Hayashida und Sänger Alexander Aigner für die erfolgreiche Uraufführung seiner neuesten Komposition.
Hanka Rjelcyna und Franziska Pietsch
(von links) stellten die Komponisten vor.
Die Organisatorin dankte den Mitwirkenden und Besuchern sowie der Stiftung für das sorbische Volk für die Förderung und dem Verein Klassikunst für die Unterstützung.
2024

Bautzen/Budyšin (SN/bn). „Jeder Saal hat seine eigene Aura, und dieser hier ist ungemein inspirierend, meine Seele ist
hier zu Hause.“ Mit diesen Worten begründete die Violinistin Franziska Pietsch, warum sie das von ihr initiierte und in Kooperation mit dem Verein Klassikkunst organisierte Festival „Winterklassik“ im Bautzener Sorbischen Museum veranstaltet. Am vergangenen Wochenende fand es erstmals statt, stehende Ovationen der insgesamt etwa 160 Besucher zeugen von einem gelungenen Einstand.
Unter der Überschrift „Brückenzauber zwischen Poesie und Musik“ wurde das Festival am Freitag eröffnet. Maki Hayashida und Josu de Solaun stimmten das Publikum mit einer atemberaubenden Interpretation von Franz Schuberts „Fantasie für Klavier in f Moll zu vier Händen“ auf ein höchst anspruchsvolles, virtuos dargebotenes Programm ein. Pietsch und de Solaun meisterten anschließend Leoš Janáčeks „Sonate für Violine und Klavier“ mit Bravour. Gemeinsam mit Atilla Aldemir (Viola) und Hila Karni (Cello) führte Pietsch hernach die „Trilogie für Streichtrio“ zum allerersten Mal auf. Jan Cyž hatte diese Komposition anlässlich des Festivals auf drei Gedichte der „legendären wendischen Lyrikerin“ Mina Witkojc erschaffen.
Die Poetin Lenka rezitierte die entsprechenden Verse parallel, wobei sie die originalen Zeilen und Passagen aus der Nachdichtung von Elke Nagel abwechselnd vortrug. Wohl tontechnisch bedingt hatten jedoch mehrere Besucher Schwierigkeiten, den Texten zu folgen. Zwischen den musikalischen Beiträgen präsentierte Lenka eigene Gedichte auf Ober- sowie Niedersorbisch und Deutsch.
Die abschließende Aufführung von Antonín Dvořáks „Klavierquartett Nr. 2 Es-Dur op. 81“ rührte nicht wenige Gäste zu Tränen. Die „Spurensuche zwischen Sehnsucht und Wirklichkeit“ entpuppte sich am Sonnabend als Parforceritt durch die Emotionen. Gefühlvoll transportierten die Musiker sowohl den Schmerz als auch die Hoffnung in Mieczysław Weinbergs „Streichtrio op. 48“, mit dem „Klavierquartett fis-Moll“ von Ernst von Dohnanyi gelang es ihnen, ähnliche Reaktionen hervorzurufen wie tags zuvor bei Dvořák. Pietsch und Lenka traten als Moderatorinnen in Erscheinung, dem Publikum biografische Details und ästhetische Charakteristika der Komponisten erörternd.
Die Sonntagsmatinee „Kulturenbegegnung in der Musik – Eine musikalische Reise in die Länder der Künstler“ bildete den krönenden Abschluss des Festivals. Abermals hoch virtuos stellten die Instrumentalisten Werke von Paul Ben-Haim (Israel), Necil Kazum Akses (Türkei), Toshianao Sato (Japan) und Manuel de Falla (Spanien) vor. Mit dem „Klavierquartett c-Moll op. 60“ von Johannes Brahms gelang den Musikern ein mitreißendes Finale. Franziska Pietsch bedankte sich nach dem Konzert bei ihren Mitstreitern, den Zuhörern und den Museumsmitarbeitern für „drei unglaublich intensive Tage“ und kündigte für das letzte Januarwochenende nächsten Jahres die Fortsetzung der „Winterklassik“ an.

Lenka, Franziska Pietsch und Jan Cyž
(von links) Foto: Maćij Bulank
Die Initiatorin und Festivalleiterin Franziska Pietsch (links) und die als Lenka bekannte Schriftstellerin und Dichterin Christiana Piniekowa

Jan Cyžs (in der Mitte) Melodrama
„Trilogie für Streichentrio“
erlebte im Rahmen der „Winterklassik“
seine Uraufführung.

S R J E D U , 1 4 . F E B R U A R A 2024
Šěsć solistow ze šěsć krajow wuhotowa w Budyšinje wohniwy festiwal
Ein wahrlich ungewöhnliches künstlerisches Temperament strahlten diese kammermusikalischen Solisten aus: Violinistin Franziska Pietsch, im Jahr 1969 in Halle an der Saale geboren, in Ostberlin ausgebildete und als besonders talentierte und geförderte Musikerin, verließ sie ihre DDR-Heimat und setzte ihre frühe Karriere in Westdeutschland fort; die aus Tel Aviv stammende Cellistin Hila Karni, die japanische Pianistin Maki Hayashida, der in ihrer spanischen Heimat hochverehrte und international agierende Pianist Josu de Solaun sowie der anfangs in Istanbul und dann in Deutschland ausgebildete Bratschist Atilla Aldemir. Vom 26. bis zum 28. Januar gestaltete dieses begeisternde Sextett im Saal des Sorbischen Museums in Bautzen das Festival „Winterklassik“, auf dem es mit seiner Intensität des Musizierens die gespannte Zuhörerschaft nicht nur begeisterte, sondern sogar verzauberte.
Die Initiatorin Franziska Pietsch hatte Bautzen und das Sorbische Museum schon letztes Jahr als Stadt mit besonderer Heimatatmosphäre für sich entdeckt, sodass sie hier mit ihrem Team in diesem Jahr das Festival einschließlich der Uraufführung von Jan Cyžs Melodram auf Gedichte von Mina Witkojc veranstaltete. Diese sowie eigene Verse rezitierte die Dichterin Lenka (Christiana Piniekowa), auch Franziska Pietsch präsentierte Lyrik aus eigener Feder.
Uraufführung des Melodramas von Jan Cyž
Im Mittelpunkt des ersten Konzertes stand also das Melodram „Trilogie für Streichertrio“ von Jan Cyž – eine im ausdrücklich klassisch-modernen Stil geschriebene Komposition für Violine, Viola und Violoncello auf die Gedichte „Blumen“, „Abend in den Feldern“ und „Nachtereignis“ der bedeutenden Niedersorbin Mina Witkojc, ins Deutsche übersetzt von Elke Nagel. Das zweisprachige Rezitieren im voll besetzten Saal des Sorbischen Museums hatte einen ganz eigenen Reiz. Schade nur, dass die zart interpretierte Poetik wegen der unausgewogenen Technik die Zuhörerschaft nicht klar verständlich erreichte. Trotzdem entstand der Eindruck einer präzisen Komposition, die von den Musikern – wie erwartet – perfekten vorgestellt wurde.
„Brückenzauber zwischen Poesie und Musik“, wie Franziska Pietsch disen musikalischen Abend mit Lyrik tituliert hatte, wurde mit der „Fantasie für Klavier in f-Moll“ zu vier Händen des Wiener Romantikers Franz Schubert eröffnet. Dann aber erklang mit Leoš Janáčeks „Sonate für Violine und Klavier“ eine feurige und schon auf die klassische Moderne ausgerichtete slawische Musik. Das „Klavierquartett Nr. 2 Es-Dur op. 878“ von Antonín Dvořák bildete den Abschluss eines phänomenalen Abends, in dem Cyžs Neuheit zwischen den Werken dieser beiden berühmten Tschechen dramaturgisch sehr geschickt positioniert war.
Musikalisch-literarische Heimat
„Heimat – Spurensuche zwischen Sehnsucht und Wirklichkeit“ lautete die Überschrift des zweiten Abends mit exklusiver Musik und ausgewählten Gedichten von Lenka. Mit dem „Klaviertrio f-moll op. 65“ von Antonín Dvořák erschien wieder ein Werk des tschechischen Künstlers im Programm. Mit dem „Streichentrio, opus 48“ von Mieczysław Weinberger war aber auch die neuere polnische musikalische Schöpferschaft würdig vertreten. Letztendlich sorgten die internationalen Interpreten mit dem „Klavierquartett in fis-moll“ des eher unbekannten ungarischen Komponisten Ernst von Dohnanyi für eine weitere Überraschung des virtuosen Abends, welchen viele als den Höhepunkt des Festivals bezeichneten.
Beförderung freudiger Stimmung
Doch auch die Sonntagsmatinee lässt sich als Höhepunkt der Trilogie betrachten. Konzipiert war dieses Konzert als Tournee in die Heimatländer der hier agierenden Künstlerinnen und Künstler. Die Namen der Komponisten der hier vorgetragenen Werke waren weitgehend unbekannt. Aus Israel erklang mit dem „Streichentrio“ von Paul Ben-Haim (Paul Knappensbusch) ein sensibles Werk im Stil der französischen Impressionisten. Interessant ist, dass der in München geborene und vor allem in Augsburg wirkende Musiker nach seiner Emigration nach Tel Aviv im Jahre 1933 mit seinem Namen ebenfalls seinen kompositorischen Stil änderte. Mit dem „Capriccio für Viola solo“ stellte Atilla Aldemir das temperamentvolle Werk seines türkischen zeitgenössischen Landsmanns Necil Kasum Akses vor und erntete ebenfalls stürmischen Applaus. Mit dem „Divertimento für Klavier zu vier Händen“ von Toshiana Satow aber bot sich ein Einblick in die moderne klassische Musik in Japan und mit der „Suite Populaire Espagnole“ des ebenfalls modernen spanischen Komponisten Manuel de Falla führte die Musiktournee wieder zurück nach Europa die anschließend mit dem beliebten lyrischen „Klavierquartett c-Moll op. 60“ von Johannes Brahms endete. Nächstes Jahr will die Initiatorin das Festival, abermals rund um die Vogelhochzeit, fortsetzen. ■ Chrysta Meškankowa

Franziska Pietsch, Maki Hayashida, Atilla Aldemir a Hila Karni (wotlěwa) při zhromadnym hudźenju. Fota: Maćij Bulank
(von links)Franziska Pietsch, Maki Hayashida, Atilla Aldemir und Hila Karni (von links) beim gemeinsamen Musizieren. Fotos: Matthias Bulank
Bild links:
Maki Hayashida und Josu de Solaun